“Warum gehst’n du nicht auf den local market dein Obst einkaufen – du lebst doch hier…” musste ich mir heute Morgen anhören und wollte erst widersprechen. Nach kurzem Innehalten musste ich allerdings feststellen: Ach krass, sie hat verdammt Recht…ich lebe hier, zumindest irgendwie ein bisschen. Ein bisschen mehr, als es die meisten der “Touristen” tun, die hier für ein paar Tage zwischen den Treks absteigen. Mein kleines Zimmerchen halte ich selbst in Stand (nix mit Zimmerservice) und wenn es sich rechnerisch lohnen würde, ginge ich wahrscheinlich auch nicht abends in das local tandoori restaurant um die Ecke, sondern würde abends in der Camp eigenen Küche mein Abendessen brutzeln. Und der wohl größte Unterschied ist…ich habe jeden Tag eine Aufgabe. Meine Tage sind davon geprägt, Klassen zu unterrichten und oder vorzubereiten: Sequenzen, Playlists, Intentionen und nicht zu vergessen meine eigene Yoga-Praxis. Zwei Tage ohne mich auf der Matte bewegt zu haben, undenkbar.
Daneben sorge ich dafür, dass die Leute hier von uns hören. Verteile fleißig Flyer und kleister Poster an Coffeeshopwände, gehe Flyer drucken, Adminstuff fürs Yogastudio besorgen und fühle mich besonders heimisch, wenn wir auf unserem Heimweg Yogastudents oder Bekannte treffen und sich dadurch unser Weg von 10 Minuten auf eine halbe Stunde verlängert. Dank Pranamaya weiß ich sogar, welchen Tag wir heute haben und kann Wochentage von Wochenende unterscheiden :-). Das war im Laufe meiner Reise nicht immer der Fall und begegnet mir immer wieder, wenn Yogastudents beim Sign In vor Beginn der Klasse nach Tag und Datum fragen. Ich finde das ganz großartig und gratuliere dann immer von Herzen zur finalen Tiefenentspannung.
Während sich unsere Yogastudenten allerdings regelmäßig für ein paar Tage bei uns verabschieden, um zu Treken und die Berge zu erkunden, bleiben wir bis auf kleine Eintagesausflüge hier unten und genießen die Aussicht auf die Spitze des Annapurna Gebirges, das sich an klaren Tagen mit gewaltiger, ruhiger Macht am Horizont erstreckt: Trek hier, Paragliding da, Kochkurs danach und zum Chillaxen noch Massage, Pediküre und Haircut…diese Welt ist nicht die unsere HIER, auf Grund von Zeit- und auch Budgetgründen. Ich gebe ehrlich zu, die Berge rufen laut – sehr laut! Allerdings habe ich für meinen Aufenthalt hier in Pokhara eine Entscheidung getroffen und das war keine in Richtung des Himalaya-Tourismus, sondern eine mehr nach innen gerichtete. Eine, die mir eventuell eine Gefühl dafür gibt, wo es für mich in Zukunft hingeht. Und tatsächlich füllt mich diese Aufgabe vollkommen aus, so dass ich – auch wenn ich immer wieder hoch zum “Fishtail” blinzle – die kleinen Ausflüge oder “Treats”, die ich mir hier und da gönne, umso mehr genieße. Und das macht uns auch irgendwie zu einer Art Zwischending, zwischen Menschen, die hier leben und Menschen die den Ort hier besuchen.
Unsere erste wirklich vollkommen ausverkaufte Klasse (kein Platz mehr im Shala, yeah) haben wir beispielsweise mit echtem Käse und einer Flasche Wein gefeiert – ein ganz besonderer Luxus, den man sich als Tourist ständig, als Einheimischer nie leisten kann und wir immerhin manchmal. Eine Sache, die ich in Hamburg eher weniger als echten Luxus empfinde, auf den wir uns hier allerdings die halbe Woche gefreut haben. Hmmm, hört sich das jetzt negativ in deinen Ohren an? Ich hoffe, nicht, denn ich habe vielmehr das Gefühl, die Kombination aus Yoga, Unterrichten und “einfach” leben lässt mich jeden Moment viel intensiver spüren und hilft mir Yoga auch abseits der Matte in meinem Alltag zu leben. Ich genieße die kleinen Dinge, sauge solche Momente auf wie ein Schwamm und übe, mich von meiner Umwelt “ernähren” zu lassen. Meine liebe Freundin R. aus dem Aiona Garden of Health auf Bali hat mal zu mir gesagt, ich solle mich mehr der Umwelt öffnen. Mich mehr von der Natur, den Schwingungen um mich herum, der Sonne, dem Regen, von dem, was mich umgibt nähren lassen. So seltsam es klingt, aber mein Dasein hier als “Zwischending” macht es mir einfach, genau das zu tun – und das ist möglich, da ich zum einen nicht von einer Aktivität in die nächste Stürze und mich ein bisschen fokussieren kann – in etwas, das mir Freude bereitet. Zum anderen bin ich aber doch noch Tourist genug, um die Ernsthaftigkeit, die wir sonst fast jeder Begegnung, Erfahrung, jeder Stimmungsschwankung in unserem “wahren” Leben geben, außen vor zu lassen. “Don’t forget to play” habe ich mir in Indien auf den Arm tätowiert. Hier in Nepal, habe ich erstmals die Gelegenheit, mich an diesem Lebensmotto tatsächlich zu versuchen.
Wundervoll geschrieben…
Es macht mich so happy zu lesen was du schreibst, Steffi. Echt wundervoll! Genieß die zeit weiterhin genauso! Es ist deine Zeit. Alles liebe aus Hamburg, Jasmin
Liebe Francis, liebe Jasmin,
…und es macht mich so happy eure lieben Kommentare zu lesen. Vielen, vielen Dank!!**
Alles Liebe
Steffi