/ DIARY /

Yogi(ni)-Nomad.

Ich sitze gerade am Flughafen in Delhi, um später nach Goa weiterzureisen. Und mit Blick in meinen Pass fällt mir auf, genau vor einem halben Jahr saß ich schon mal hier, in derselben Visiterlounge und habe auf meinen Flug nach Bali gewartet, um dort im Balisilentretreat als Volunteer einzusteigen. Was für ein netter Zufall. Schließt sich der Kreis also mal wieder. Im Gegensatz zu damals bin ich heute allerdings nicht freiwillig aus purer Nervosität STUNDEN zu früh an den Flughafen gefahren, so dass man mich noch nicht in den Passagierbereich lässt. Nein, heute habe ich leider eine so besch…Verbindung von Kathmandu nach Goa erwischt, dass ich noch schlappe 10 Stunden Wartezeit vor mir habe. Es ist 20.00 Uhr und ich versuche, es mir in der “Visiterlounge” einigermaßen gemütlich zu machen. Morgen um 8.00 Uhr geht der Flieger nach Mumbai und von dort weiter nach Goa. Bis Anfang Januar möchte ich in Arambol bei dem Ashtanga Teacher “Balu” Mysore und seine berühmt berüchtigten Backbend und Hipopener Klassen besuchen. So einfach Kopf ausschalten und nach drei Monaten Teacherdasein in Nepal mal wieder Schüler sein. Ich kann es kaum erwarten und habe mich dazu entschlossen, die Nacht einfach am Flughafen abzuhängen, anstatt mich draußen durch Delhi zu einem einigermaßen bezahlbaren Hotel in Flughafennähe durchzuschlagen. Kein Bock, mich mit Taxifahrern um den Preis zu streiten und noch weniger Lust meinen Backpack durch die Metro zu schleppen. Die Visiterlounge ist mir außerdem Dank meines siebenstündigen Aufenthalts vor sechs Monaten so vertraut, dass ich mich schon fast heimisch fühle. Der Plan, ein bisschen Lesen, Leute beobachten und mich dann mit meinen Habseligkeiten – kleiner und großer Rucksack – wie ein eingespieltes Team in richtiger Position so zusammenzurollen und mich so in den Trägern zu verwringen, dass mir auch bloß keiner das Zeug im Schlaf unter dem Hintern wegziehen kann. Aber heute will das irgendwie nicht so klappen mit dem Schlafen. Ständig bohrt sich irgendetwas in meinen Rücken oder mein Hintern hängt über die Banksitze oder mein Fuß schaut unter meinem Schal heraus und ich bilde mir ein, dass dieser Fuß nun friert. Dementsprechend lasse ich das mit dem Schlafen heute mal sein, lasse meinen Gedanken freien Lauf und werde fast ein bisschen wehmütig – vielmehr muss ich allerdings über mich selbst grinsen – wie ich als ein einziges Nervenbündel das letzte Mal hier hockte. Die Vorfreude auf Bali so groß, dass ich mir einredete, dass da noch irgendetwas dazwischenkommen musste. Ich war mir plötzlich 100 % sicher, dass man mich nicht in den Flieger – und als das problemslos klappte – nicht ins Land lassen würde, weil ich kein Rückflugticket hatte. Und Bali dann der absolute Kulturschock nach 3,5 Monaten Nordindien. Ich erschreckte mich ja schon fast über warmes Wasser aus der Dusche und vor allem über Ganzkörperspiegel und schnelles Internet. Und heute sitze ich absolut tiefenentspannt auf meinem Gepäck und habe nicht nur 10 Monate Reisen sondern auch insgesamt fünf Monate Yoga Unterrichten in drei von vier Ländern hinter mir – sogar vier, wenn man die Free Yoga Klasse hinzuzählt, die ich in der “Yogatique” Bangkok unterrichtet habe. Und wenn man bedenkt, dass ich vorher so gar nicht damit gerechnet habe, überhaupt einmal VOR der Klasse zu stehen, dann ist das doch ein verdammt guter Schnitt. Poah, was für eine geile Zeit, was für ein geiles“Yogi(ni)-Nomad”-Leben das doch war und noch ist…

Mittlerweile in Goa angekommen, bringt mich hier alles in eine fast schon feierliche Stimmung. Das erste Mal war ich in Goa – ca vor zwei Jahren – um mit Soul und Yoga mein erstes TTC zu machen. Das Teachertraining also, das ich nun als Lehrerin supporten werde und der Auslöser für mich Yoga 100 % in mein Leben zu lassen. Ein Prozess, der mich und mein Leben seitdem vollkommen auf den Kopf gestellt hat. Mit großen Augen bin ich damals durch die Straßen gewandert und hatte Probleme die Straßen zu überqueren, während ich heute die Ruhe genieße, die man hier unten hat – ganz im Gegensatz zu dem Lärm, den du im Norden Indiens, in Kathmandu oder in den größeren Städten ertragen musst. Ja, ich habe mich wahrscheinlich ein bisschen verändert. Bin Dank der Rumreiserei vielleicht ein bisschen “cooler” und selbstbewusster geworden – denn irgendwie hat doch alles immer hingehauen. Und was ich Dank all dieser Teaching Opportunities lernen durfte, über mich, über Länder und Leute, über Yoga übers Leben, das lässt sich eigentlich so gar nicht in Worte fassen. Und im selben Moment drängt sich mir so langsam auch die Frage auf, ob ich mich nun, wo letzte Puzzleteile an ihren Platz zu fallen scheinen, so langsam auch entscheiden muss, wo es nach Soul and Yoga für mich hingeht – denn dann ist es Ende Februar und das magische eine Reisejahr voll. Zeit also nach Hause zu gehen? Wirklich? Mhm…die ein oder andere Möglichkeit “overseas” zu unterrichten hätte ich ja schon und ich habe doch noch gar nicht alles gesehen und gelernt und überhaupt. Manchmal kann ich mir allerdings kaum was schöneres vorstellen, als mit meinen Eltern auf der Couch zu sitzen – meine Füße bei einem von beiden im Schoß. Oder mit meinen Freunden mal wieder von Angesicht zu Angesicht zu quatschen, zu lachen, fette Umarmungen – fernab von skype und Phone in der Hand. Mich so wirklich ernsthaft damit beschäftigen, das haut allerdings trotzdem noch nicht so wirklich hin. Noch ist nicht der Moment gekommen, eine Entscheidung zu treffen. Und mit Soul and Yoga habe ich hier ja auch noch eine Aufgabe, auf die ich mich wie sonstwas freue und die sicherlich keine Langeweile aufkommen lässt. Dass ich überall klar komme, das habe ich mir bewiesen. Und dass nichts permanent ist, sich Dinge, Einstellungen, Wünsche, Orte, Menschen ändern- auch das habe ich zu genüge erfahren dürfen. Warum also jetzt den Kopf zerbrechen, wenn sich die Welt in den kommenden drei Monaten ohnehin noch ein gutes Stück weiterdrehen wird. Ich werde schon in naher Zukunft wissen, wann ich eine Entscheidung treffen sollte – und bis es soweit ist, genieße ich einfach den Moment als Yogi-Nomad im Hier und Jetzt.

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Steffi Sarges

PR Beraterin & Yogalehrerin Ihr Lebensmotto “Don´t forget to play” kam bei all der Arbeit in den letzten Jahren etwas zu kurz. Darum hat sich Stefanie für 2014 dazu entschieden, wieder mit dem "Spielen" zu beginnen, tief durchzuatmen und das Jahr ihrer größten Leidenschaft zu widmen - dem Yoga. Während ihrer Reise durch Indien wird sie eine zweite Ausbildung machen, um sich danach vom roten Yogafaden leiten zu lassen - durch das Land und zu sich selbst. Von ihren Erfahrungen wird sie hier regelmäßig berichten.

F: Stefanie.Sarges W: instagram.com/stevexs

2 Kommentare auf “Yogi(ni)-Nomad.
  1. thorsten sagt:

    Hi Steffi, ich komme gerade von dort und es war tatsächlich überragend schön und gut und inspirierend und überhaupt. Wünsche Dir ganz viel Spaß und neue Erkenntnisse dort. Grüße mir die Leute vor Ort pls, Christophe, Yolanda, Marta, Danjela, Igor…und natürlich Balu 😉 Am liebsten würde ich gleich wieder hinfliegen 😉 Bis bald mal auf der Matte irgendwo auf der Welt hier 😉 Thorsten

  2. Stefanie sagt:

    Hey Thorsten, Grüße sind ausgerichtet & jetzt bereite ich mich schon mal seelisch & moralisch auf die backbend specialclass heute Abend vor…;-) Vielen Dank für die Wünsche! Neue Erkenntnisse? Die habe einfach jeden Tag. Bin da voll bei dir, großartiger Lehrer & ganz tolle Stimmung im Shala. Gut hier zu sein! Hab ein schönes Weihnachtsfest, grüß’ mir Deutschland & bis bald irgendwann irgendwo auf der Matte

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