/ DIARY /

Begegnungen.

Es kommt mir alles vor wie ein Klassentreffen. Schon am ersten Abend habe ich Bekannte vom letzten Mal getroffen. Wir verabreden uns zum Chai oder zum Essen, A. hatte ich sogar Schokolade aus Deutschland mitgebracht. Das ist super – so habe ich auch immer was zu tun, bevor das Teachertraining am Samstag los geht.

Das schönste Wiedersehen hatte ich allerdings gestern mit M. Auch sie habe ich schon im Oktober kennengelernt. Ich saß an diesem Tag ziemlich frustriert irgendwo in einem Cafe’, da ich aus meinem Retreat regelrecht geflüchtet bin. Um Nummer sicher zu gehen, hatte ich mich für meine erste Reise nach Rishikesh eine Woche bei einem Retreat eingbucht. Ich wollte die Woche nutzen, um mich einzuleben und mir dann die verbleibende Zeit auf eigene Faust “meinen” Lehrer, “meine” Yogaschule zu suchen. Ich kam abends mit dem Taxi dort an und wurde von zwei jungen Männern abgeholt, die so gar nicht “yogisch” aussahen. Ich folgte ihnen alleine, hundskaputt durch enge Gassen bis zu einem Gebäude, dass zwar direkt am Ganges sehr schön gelegen, in meinen Augen aber total versteckt und unerreichbar für die Außenwelt war. Oha, auf einmal fühlte ich mich nicht mehr stark, abenteuerlustig und frei, sondern verdammt kläglich. Fünf weitere, verlorene Pilger hatten sich dort eingefunden, von ausgebildeten Yogalehrern aber keine Spur. Ich hielt es genau eine Nacht und eine Yogaklasse aus, um dann mein Zeug zu packen und mir eine neue Unterkunft zu suchen. Das gestaltet sich nicht ganz so einfach, wenn man bedenkt, das Rishikesh dann doch ca. 60.000 Einwohner hat mit mindestens ebensovielen “Yogalehrern”. Natürlich hat das Örtchen seine Anziehung für internationale Yogajünger erkannt. So sprießen die Yogaschulen mit leider manchmal auch mehr schlechten als rechten Lehrern aus dem Boden. Da sich jedes Hostel auch “Ashram” nennt, muss man schon genau hinschauen, welchen Schnapp man in diesem “Yoga-Supermarkt” in den Wagen legt.

Dementsprechend betröppelt saß ich also da und starrte über den Ganges, die Tempel, die Ashrams und Hostel-Ashrams, bis M. mit ihrem indischen Freund Nirvana (kein Scherz, so nannte er sich tatsächlich) rein kamen. Ich hatte schon zuvor darüber nachgedacht, irgendwelche Leute anzuquatschen. Aber erst bei den beiden fühlte es sich richtig an. Die beiden waren super! Zum Runterkommen schleiften sie mich in einen Tempel, wo wir erstmal ein bisschen meditierten (in meinem Fall heißt das NOCH, die Augen zu schließen und sich darauf zu konzentrieren, sich so lange wie möglich nicht zu bewegen. Also ca. zwei Minuten, wenn überhaupt). Danach gabs noch eine Chai im Café, um mir dann anschließend das Hostel zu zeigen, in dem auch M. untergebracht war. Seit ca. 36h löste sich erstmals dieser kalte Kloß in der Magengrube.

M. und ich haben seitdem Email-Kontakt gehalten. Sie hat die letzten sieben Monate in Delhi ein Praktikum an der deutschen Schule gemacht. Auf meiner Heimreise hatte ich sie das letzte Mal auch für einen Tag dort besucht und nun standen wir uns gestern tatsächlich wieder gegenüber. Freude!! Wir setzten uns an den Ganges und beobachteten eine ganze Herrschar von Menschen, die die Gelegenheit nutzten, in diesem heiligen Fluss zu baden. M. ist nun am Ende ihrer Indienreise angekommen. Am Samstag gehts wieder nach Hause. Ich im Gegensatz dazu stehe noch ganz am Anfang. Ich ruckel mich gerade so ein, sie ruckelt sich gerade wieder raus, um auch in Deutschland wieder anzukommen. Ich hoffe, dass ich ähnliche wie sie lernen werde, das Spiel mitzuspielen und mich voll auf das wie mit Zauberhand funktionierende Chaos, das Gehupe, das Cheaten und die Kühe überall einzulassen. Ich arbeite auf jeden Fall darauf hin, dass ich irgendwann vor einem TukTuk Fahrer stehe, er lacht und mir den “normalen” Preis nennt, weil er merkt, dass ich das Spiel verstanden habe.

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Steffi Sarges

PR Beraterin & Yogalehrerin Ihr Lebensmotto “Don´t forget to play” kam bei all der Arbeit in den letzten Jahren etwas zu kurz. Darum hat sich Stefanie für 2014 dazu entschieden, wieder mit dem "Spielen" zu beginnen, tief durchzuatmen und das Jahr ihrer größten Leidenschaft zu widmen - dem Yoga. Während ihrer Reise durch Indien wird sie eine zweite Ausbildung machen, um sich danach vom roten Yogafaden leiten zu lassen - durch das Land und zu sich selbst. Von ihren Erfahrungen wird sie hier regelmäßig berichten.

F: Stefanie.Sarges W: instagram.com/stevexs

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