Das erste Mal begegnete ich Profiboxerin Ina Menzer bei einem Videodreh. Gut gestylt und sehr sympathisch zog sie damals das eigene Glätteisen aus der Handtasche, um sich trotz anwesender Hair und Make – up Artistin, die Frisur selber in Form zu bringen. Erlebt man auch nicht oft, beziehungsweise hatte sich so alle Klischees einer Boxerin mit einem Schlag erledigt. Heute bin ich mit ihr zum Training verabredet. Zum Glück trainiert aber nur sie, ich darf zugucken. Und während sich die ehemalige Weltmeisterin im Federgewichte mit Aufwärmen, Ausdauertraining und Schattenboxen beschäftigt, darf ich mir den Rest der Szenerie anschauen: Viele schwitzende Männer, viel Geruch und darunter Trainer Michael Timm, der Anweisungen gibt sowie Ruslan Chagaev, usbekischer Boxer tatarischer Herkunft und ehemaliger WBA-Weltmeister im Schwergewicht, der sich auf seinen nächsten Kampf vorbereitet. Was will man mehr.
Wie bist Du zum Boxen gekommen?
Ich habe mit 14 Jahren angefangen Kung Fu zu trainieren. Meine beiden Zwillingsbrüder waren immer schon mollig, deshalb hat mein Vater sie irgendwann zum Boxtraining geschickt und ich habe sie begleitet. Da war ich 16 Jahre alt und so fing alles an.
Einmal Blut geleckt – wolltest Du sofort professionelle Boxerin zu werden?
Ich habe nie daran gedacht! Damals habe ich noch bei meiner Mutter in Mönchengladbach gewohnt, BWL studiert, parallel trainiert und einige Putzjobs gehabt um mich zu finanzieren. Ich war oft so müde, dass ich während der Vorlesung nur geschlafen habe. Es vergingen einige Jahre und Kämpfe bis ich 2003 die dann die deutsche Meisterschaft gewann und das Angebot von Universum bekam, die mich unter Vertrag nehmen wollten. Eigentlich wollte ich ablehnen, aber mein Mann, der damals noch mein Freund war, hat mich schließlich überredet und ich fing an an, zwischen Mönchengladbach und Hamburg zu pendeln. Meine Hotel,- und Reisekosten wurden aber nur die ersten anderthalb Jahre übernommen und so kam der Tag, an dem ich mich entscheiden musste, ob ich mein Studium komplett an den Nagel hänge und meine Profikarriere nachgehe. Das Kuriose daran ist, dass mir dabei ausgerechnet ein Gespräch mit einem Professor geholfen hat, der am meisten verhasst war. Alle hatten Angst vor ihm. Mir hat er den Rat gegeben es zu versuchen. „Ein Diplom haben viele, Weltmeisterin werden nur wenige“.
Wie ernährst du Dich?
Ich esse fast nur Trennkost, das heißt eiweißhaltige und kohlenhydrathaltige Lebensmittel nicht gleichzeitig bei einer Mahlzeit. Jeder Körper braucht und verträgt etwas Anderes, das hat sich bei mir über die Jahre bewährt. Außerdem immer nur frische Zutaten und kein Fast Food. Wenn ich mir etwas außer der Reihe gönne wie zum Beispiel Schokolade, dann weil ich mich belohnen möchte und Lust darauf habe, das ist auch sehr wichtig. In der Vorbereitungsphase ist die Ernährung schon deutlich disziplinierter als sonst – drei Wochen vor dem Kampf wird es dann richtig hart, da esse ich gar nichts mehr nach 19 Uhr. Wer mir demnächst beim Kochen zusehen möchte, der sollte VOX einschalten, da gebe ich mein Bestes beim Promidinner am 14. August!
Wie sieht ein typischer Tag bei Dir aus?
Ich stehe gegen 8.30 Uhr auf mache ein wenig Gymnastik und frühstücke. Meist 1-2 Scheiben Brot mit Butter, Käse und Tomate. Ab 11 Uhr trainiere ich entweder anderthalb Stunden, wenn danach abends nochmal eine Trainingseinheit folgt oder drei Stunden, wenn es die Einzige für den Tag ist. Um 13 Uhr gibt es dann Mittagessen, was aus leichten Zutaten wie Reis mit Gemüse oder Hähnchen mit Salat besteht. Vom Training bin ich meist so ausgepowert, dass ich mich eine Stunde hinlege. Wenn danach kein Training mehr ansteht gehe ich spazieren, spiele zum Ausgleich Badminton oder gehe in die Sauna. Zur Zeit trainiere ich abends nochmal anderthalb Stunden mit einem männlichen Sparringspartner, der in der gleichen Gewichtsklasse ist wie ich. Danach esse ich nochmal etwas, zum Beispiel einen Pfannkuchen mit Lachs und Sauerrahm und gehe zeitig schlafen. Ach ja, zu jeder Mahlzeit gibt es immer viel Tee!
Bist Du nervös vor einem Kampf?
Ja klar-immer wieder! Ich bekomme einen regelrechten Tunnelblick und bin hochkonzentriert.
Wie motivierst Du Dich bei Niederlagen oder Motivationstiefs?
Ich stehe gerade unter einer doppelten mentalen Belastung: Mein letzter Kampf vor einem Jahr war auch der Erste den ich überhaupt verloren habe. Gleichzeitig ging es mit Universum in eine andere Richtung, ihre Fernsehverträge mit dem ZDF liefen aus – das war natürlich ziemlich viel auf einmal. Im ersten halben Jahr nach meiner Niederlage bin ich jeden Abend mit dem Gedanken daran eingeschlafen und am nächsten Morgen wieder damit aufgewacht. Ich habe in dieser Zeit ein paar andere Sportler und Trainer gefragt, wie sie mit Rückschlägen umgehen, bin aber zu dem Schluss gekommen, dass jeder sich selbst aus dem Loch herausholen muss, egal wie. 70-80 % macht auf jeden Fall der Kopf bzw. die mentale Einstellung aus. Ich habe auch mal ein Jahr mit einem Mentaltrainer gearbeitet, das mache ich aber mittlerweile nicht mehr. Ich bin sehr selbstkritisch mit mir, wenn es gut läuft nehme ich es für selbstverständlich, wenn es schlecht läuft mache ich mich fertig. Die beste Motivation ist es, sich vor den Spiegel zu stellen und sich zu sagen, dass man gut ist und es schafft. Das ist aber auch für mich jedes Mal wieder eine neue Herausforderung!
Wie sieht Dein Leben nach dem Boxsport aus?
Als Frau ist die Zeit beim Boxen sehr begrenzt, ich habe aber noch ein paar Jahre. Danach möchte ich auf jeden Fall Kinder haben, verheiratet bin ich ja schon. Beruflich wird sich meine Zukunft definitiv weiter im Sportbereich abspielen, sei es als Coach oder mit anderen sportlichen Herausforderungen. Das Wichtigste ist es, abzutreten wenn es am besten läuft!
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