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Interview mit Dirk Bennewitz.

Interview mit Dirk Bennewitz.

Ich kann mich noch genau an die erste Yogastunde bei Dirk erinnern. Es war im Sommer vor fast drei Jahren. Ich bin gerade nach Hamburg gezogen und auf der Suche nach einer neuen Yogaschule, es waren circa 30 Grad im Schatten und das um neun Uhr morgens. Drei ziemlich ungünstige Punkte wenn man bedenkt, dass mir gar nicht klar war, was für eine Yogaschule ich genau suchte, ich sportliche Aktivitäten bei Hitze verabscheue und mein Körper am Morgen steif und ungelenk ist wie der einer 90jährigen. Ich fand alles von Anfang an schrecklich: Die Stunde, Dirk, die Übungen und seine herausfordernde Art – fast schon unverschämt was er dort von uns verlangte. Ziemlich lustig, wenn ich bedenke, dass ich mittlerweile seine Stunden liebe, die Herausforderung suche und brauche um mich weiter zu entwickeln und es mag, wenn er wiedermal von seiner kettenrauchenden Oma erzählt und uns dabei in haarsträubenden Positionen verharren lässt. Na gut, die Liegstützen sind immer noch nicht meins, aber wer weiß wie die Sache in drei Jahren aussieht?

Bitte stelle Dich vor. Wer bist du und was machst du?
Mein Name ist Dirk Bennewitz und ich betreibe verschiedene Unternehmungen. Ich leite mit meiner Partnerin Andrea Kubasch zwei Power Yoga Studios in Hamburg und unterrichte Workshops und Teachertrainings im In- und Ausland. Desweiteren betreibe ich seit 1999 eine Firma für Personenschutz. Seit der Gründung der Firma haben wir Aufträge in 26 verschiedenen Ländern erledigt. Darüberhinaus habe ich INSTINCTIVE SURVIVAL, eine eigene moderne Form der Selbstverteidigung entwickelt, praktiziere seit 35 Jahren Aikido und schreibe Bücher und Publikationen zu all diesen Themen.

Wie sieht ein typischer Tagesablauf bei dir aus?
Meine Tagesabläufe folgen den verschiedenen Welten, in denen ich zu Hause bin. Wenn ich in Hamburg oder sonstwo Yoga unterrichte stehe ich um 5 oder 6 Uhr morgens auf. Dann gehe ich mit meiner Freundin und meinem Hund spazieren und mache mein Training. Anschliessend esse ich und fange danach meine Büro Arbeit an. Später unterrichte ich dann Privatstunden oder Kurse, bis in den Abend hinein. Wenn ich auf einem Personenschutz-Auftrag unterwegs bin, gehe ich in der Regel erst zwischen 3 und 5 h morgens ins Bett. Ich schlafe dann ca. 5-6 Stunden und mache auch da nach dem Aufstehen mein Training, meistens mit meinen Kollegen. Danach beginnt dann der Security Ablauf, der meistens mit viel Terminen, Reisen und langen Arbeitsstunden verbunden ist.

Wie wird man vom Fallschirmjäger zum Yogalehrer?
Eliteeinheiten sind, neben dem Fokus auf den operativen Fähigkeiten, immer auch Charakterschulen. Eigenschaften wie Zielstrebigkeit, Mut und Teamgeist sind dort, gepaart mit einem strengen Ehrenkodex, ganz selbstverständlich. In den Kampfkünsten sind diese Verhaltensregeln ebenfalls vorhanden. Und im Yoga, mit dem Ziel der Selbstentfaltung und der lebenslangen Praxis, existiert diese Disziplin ganz genauso. Yoga hat nichts mit Wellness zu tun, auch wenn es heutzutage manchmal so verkauft wird. Es ist ein Weg der Selbsterfahrung und des körperlichen und mentalen Trainings, der einem ein glücklicheres und gesünderes Leben verschafft. Das Stichwort dabei ist Balance. Der Weg ging also über den Kampfsport zur Armee und dann zum Yoga.

Wie oft und was trainierst du selbst?
Ich trainiere jeden Tag Yoga und im Wechsel Aikido, INSTINCTIVE SURVIVAL und Krafttraining. Ein Leben ohne Training ist für mich nicht vorstellbar, es bereitet mir Freude.

Du hast 30 Jahre Aikido trainiert – Was hat Dich dieses Training gelehrt?

Aikido hat mich das Ausweichen gelehrt. Dieses Prinzip heisst dort „Tenkan“. Der Angreifer wird als aus dem Gleichgewicht geraten betrachtet. Physisch ist er das in der Regel auch, wenn er eine aggressive Attacke ausführt. Diese Angriffsenergie kann man mit kreisförmigen Bewegungen neutralisieren. Es geht nicht darum den Angreifer zu zerstören. Der Einsatz eigener Energie wird minimiert, man wird eins mit dem Angriff. Dieses friedliche Konfliktlösungsmuster setzt sich im gesamten Leben fort, deswegen hat Aikido im philosophischen Überbau auch die gleichen Ziele wie Yoga. Es gilt, Einheit und Balance mit dem Universum zu schaffen.

Du und deine Yogastunden, ihr entsprecht so gar nicht den herkömmlichen Klischees vom hochspirituellen Yoga- Lehrer. Was sind die Schwerpunkte deiner Stunde und was versuchst du deinen Schülern zu vermitteln?
In meinen Stunden, egal in welchen, versuche ich den Schülern praktisches Wissen über das jeweilige Thema zu vermitteln. Darüber hinaus ist es immer mein Ziel, sie zum Nachdenken und zur Transformation anzuregen, denn das ist ja erst der eigentliche Mehrwert beim Yoga und in der Kampfkunst. Irgendwelche Positionen und Techniken kann man mit genügend Training ja lernen, aber das löst nun mal keine Alltagsprobleme. Was wichtig ist, sind die Gedanken. Die meisten von uns sind auf Sportlichkeit getrimmt, wollen Ergebnisse erreichen, unter Opferung ihres Körpers. Im Yoga kommt es aber darauf an, das Ego zugunsten der Gesundheit und der Transformation aufzulösen. Diese Dinge vermittle ich meinen Schülern ohne esoterisches Bimmelbammel drumherum, sondern in Kombination mit meinen spirituellen Erfahrungen aus der japanischen Kampfkunst.

Ein besonderer Moment/Erlebnis in deiner sportlichen Laufbahn oder mit deinen Schülern?
Das war mit Sicherheit die Prüfung zum Schwarzgurt (1.Dan) im Aikido. Das war 1991. Besondere Momente passieren aber auch in ganz normalen Trainingseinheiten. Wenn Schüler Ängste überwinden und persönlich wachsen erfüllt mich das mit Stolz.

Worin liegt der Unterschied zwischen Männern und Frauen beim Ausführen von Kampfsportarten und wo beim Yoga?
Man kann es nicht verallgemeinern, aber die Tendenzen die ich beim Yoga im physischen Bereich gefunden habe sind:Damen müssen etwas mehr zu fordernden Übungen motiviert werden, die Ängste sind etwas größer. Herren muß ich oft eher bremsen, sie sind meistens experimentierfreudiger und angstfreier
Im Kampfsport sind Frauen am Anfang etwas zurückhaltender, was Würfe und Hebeltechniken angeht. Da ist am Anfang noch kein richtiges Gefühl für die richtige Intensität da. Männer tun sich im „Kampfmodus“ eher schwer mit dem Ausweichen und ins Leere laufen lassen. Die wollen immer vorwärts. Manchmal ist aber der Weg, keinen Widerstand zu leisten und dann zu handeln, wenn die Angriffsenergie verpufft ist, der klügere. Mein Aikido Lehrer Steven Seagal nennt das den „Path of Non-Resistance“.

Du hast ein Buch über Männer Yoga geschrieben. Wieso ist Yoga auch was für Männer und nicht nur was für „Softies auf Erleuchtungssuche“?
Genauso wie die Kampfkunst für Frauen geeignet ist , ist Yoga für Männer ideal.
Beide spirituellen Praktiken helfen uns, Körper und Geist in Einklang zu bringen. Dadurch wecken wir die Potentiale, die in uns stecken, und fördern ein friedliches Miteinander. Schädliche Verhaltensmuster in unserem Alltag können wir so schneller eliminieren und uns weiterentwickeln. Fitness für Körperbewusstsein und geistige Erkenntnis können unser Leben bereichern.

Hast du einen Leitspruch oder Mantra?
Alle Prinzipien von Himmel und Erde leben in dir. Das Leben selbst ist Wahrheit, und das wird sich nie ändern. Alles im Himmel und auf Erden atmet. Der Atem ist der Faden, der die Schöpfung zusammenbindet. Morihei Ueshiba, Begründer des Aikido.

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Redaktion

Die Redaktion Make Yourself Move ist ein Onlinemagazin für Yoga, Meditation, Inspiration, Reisen und all die schönen Dinge im Leben, die uns wieder näher zu uns selbst bringen. Seit 2011 berichten wir über Yoga in allen Varianten, Spiritualität, Astrologie und Ernährung. Ein bunter Mix aus Interviews, Reportagen und Erlebnisberichten, die sich bodenständig, weltoffen und voller Leichtigkeit lesen lassen und auch gerne mal in der Tiefe berühren.

F: mindstyle.magazin W: www.makeyourselfmove.de

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