/ DIARY /

IzaIzaskop: Zwillinge.

Das ewige Lied der zwei Gesichter: Zwillinge seien Doppeldeutigkeit in Reinform. Unentschlossen, zwiespältig und nicht vorhersehbar. Aber wer will schon berechnend sein? Und: Haben wir nicht alle mindestens zwei Gesichter – würden ein drittes sogar für mehr als nützlich empfinden? Weil Man-selbst-sein in den meisten Fällen nicht nur anstrengend ist, sondern auch fehleranfällig. So schlägt im Alltäglichen des Zwillings die Abenteuerbereitschaft vertraute Kontinuität und die Weltreise den jährlichen Urlaub am Gardasee. Das macht den Zwilling zu einem begehrenswerten Objekt; ähnlich dem Glühwürmchen: Nur zu gern würden wir ihn einfangen, noch eine Weile sein Leuchten bewundern. Doch ehe wir uns versehen, wird es Tag und wir erwachen neben ihm. Die Back-Packer-Storys seines vergangenen Urlaubs noch im Hinterkopf, mit zerzaustem Haar und Drei-Tage-Bart auf dem Kissen neben uns. Plötzlich sieht der Zwilling den anderen Sternzeichen gar nicht mehr so unähnlich – was sein dringendes Bedürfnis nach Rührei und schwarzem Kaffee nur unterstreicht. Es ist seine nullte Stunde, ein bisschen wie das windstille Zentrum eines Wirbelsturms, die Phase, in der er in sich geht und eine Handvoll nächster Momente plant. Ein Jammer, dass er nicht bleiben kann. Doch das ganz Große ruft ihn. Was genau das ist, weiß er vielleicht selbst nicht einmal. Nur, dass es da draußen irgendwo sein muss. Er ist kein Träumer, in sich gekehrt und Luftschlösser bauend. Aber auch die Realität liegt ihm meistens fern. Zumindest die, in der die Dinge nicht so laufen, wie er es, bei Rührei und Kaffee, geplant hatte. Die Illustration stammt übrigens wie immer von der wunderbaren IZAIZA.

Share Button
Anne Tröst

Lektorin Sie übt sich in konsequenter Strenge, wenn sie als Lektorin komplexe Gedankengänge in überschaubare Zeilen dirigiert. Und kann sich Hals über Kopf in einen ersten Satz verlieben. Als ehemalige Moderedakteurin hat sie außerdem eine Schwäche für italienische Seide, Absätze über sieben Zentimeter und konsequente Modesünden. Zwischen der neusten Rocklänge und Dudenreform tanzt sie, seit jetzt wieder fünf Jahren, Modern Jazz.

F: anne.tröst W:

Kommentar schreiben

E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind markiert *

*