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10 Tage Einführung in Buddhismus&Meditation im Tushita Meditationscenter Dharamsala / Teil2

Tag 6 und 7

Auch die folgenden Tage gehen wir fröhlich auf die Suche nach der Wirklichkeit und unserem wahren Ich. Wir durchwühlen unseren Geist, unseren Körper, unsere Einstellungen, Glaubensgrundsätze und Erinnerungen durch verschiedenste Meditationen, die morgens und abends auf dem aufbauen, was wir in den Vorlesungen gelernt haben. Vieles, woran wir festhalten, wird grundlegend umgeschmissen, was sich kurioser Weise manchmal einfach nur erleichternd anfühlt – genauso verwirrt es mich aber auch. Ich bin nicht Ich, die Tasse ist nur eine Tasse, weil mein Geist sie als solche interpretiert und nur wenn wir uns von unserem eigensinnigen, selbstverliebten “Mind” lösen, können wir Glück erfahren und an die Wurzel unseres Leidens gehen. “Leid”, das entsteht, weil wir glauben, was unser Geist uns vorgaukelt und Objekte, Menschen, Begebenheiten falsch bewerten. In den folgenden zwei Tagen werden wir noch tiefer einsteigen. Dann sind ausschließlich Meditation und stricktes Sprechverbot angesagt. Keine Diskussionsrunden, keine Fragen während der Vorlesungen. Nur wir, die Meditation und alles, was da so bei uns hoch- und rauskommt. Als Vorbereitung darauf machen wir mit unserem Meditationsleiter Richard einen Spaziergang zu einer Meditationsstätte ca. 25 Minuten von Tushita antfernt. Ich bin verdammt froh, diese gefühlten Vier-Tushita-Wände zu verlassen und mal ein paar Schritte zu laufen. Auch wenn ich – seit dem ich wieder fit bin – meiner Muskulatur jeden Morgen auf dem Roof des Meditations-Saales mit ein paar Asanas und sonstigen Kräftigungsübungen “hallo” sage, habe ich doch manchmal Hummeln im Hintern. Dieser kleine Ausflug – in Stille versteht sich – kommt mir somit äußerst gelegen. Der Weg ist super schön und wir haben einen wunderbaren Blick über das Tal und die schneebedeckten Wipfel des Himalaya. In der Meditations-Stätte finden wir Lehmhütten, in denen Langzeitmeditierer untergekommen sind. Unter einfachsten Bedingungen verbringen “die Jungs” hier teilweise Jahre, um sich vollkommen auf ihre Meditation zu konzentrieren. Puhh, nicht Jedermanns Sache, aber das muss es ja auch nicht. Trotzdem, die Stimmung hier ist schon was ganz Besonders. Friedlich, ruhig und irgendwie heilig. Wie uns Richard aufgetragen hat, setze ich hier an diesem ganz besonderen Ort eine Intention für die kommenden zwei Tage stille Meditation. Es fällt mir nicht schwer, da ich mir gerade an diesem Morgen, als ich in meinem persönlichen Tagebuch mal wieder einige Seiten gefüllt habe, einiger Dinge bewusst geworden bin. Perfektes Timing also und ich bin hoch motiviert, daran zu arbeiten. …leider scheint mich am Abend diese ganzen Erkenntnisse dermaßen erschöpft zu haben, dass ich im Sitzen beinahe auf meinen Vordermann falle und mich kaum auf die Meditation konzentrieren kann . Na gut, dann lege ich eben morgen so richtig los, mich und meine Sicht auf die Welt zu ändern.

Tag 8 und 9

Zwei Tage nicht sprechen, zwei Tage nur Meditieren. Ich bin etwas nervös, da meine letzten Sessions mit Ruhelosigkeit, eingeschlafenen Beinen, herumhüpfendem “Monkey Mind” oder bleierner Müdigkeit verdammt anstrengend waren. Denn wenn ich eines gelernt habe, dann dass Meditieren harte Arbeit ist. Der Rücken gerade, der Körper entspannt, dabei ist der Geist aber scharf und und fokussiert. Bestenfalls sind die Augen ganz leicht geöffnet, damit man nicht auf die Idee kommt, doch müde und schläfrig zu werden. In dieser Position, mit gekreuzten Beinen sitzen wir auf unseren Meditationskissen und starten mit einer Meditation in den Tag, die uns hilft, unseren Geist zu stabilisieren und zu beruhigen. Fokus ist der Atem und der Versuch, all die aufkommenden Gedanken und Bilder nur zu beobachten, ihnen nicht zu folgen und zu bewerten. Ich schlage mich die ersten 10 Minuten verdammt gut, dann fängt plötzlich mein ganzer Körper an zu jucken. Ich beginne zu zappeln und muss mich immer wieder mit aller Kraft in den “Meditationsmood” bringen. “Who is meditating, is it your mind? Watch your mind” Diese Aufforderung kommt immer wieder und ich würde Richard am liebsten anschreien: “Mind? Paah! Ich hab andere Probleme, nämlich Flöhe!” Komischerweise sind die auch in dem Moment verschwunden, als wir für eine Pause raus in die Sonne entlassen werden. Glücklicherweise steigere ich mich von Session zu Session. In geführten Meditationen stellen wir uns unserem Ärger, unseren Attachments und der Impermanenz der Dinge – sogar mit dem Tod setzen wir uns auseinander. Denn nichts ist für immer – das wissen auch die Buddhisten. Nur wir, die wir hier sitzen, leider nicht. Es tut manchmal ganz schön weh, sich dieser Dinge bewusst zu werden. Einige verlassen den Meditations-Saal. Die ganze Truppe kämpft mit dem Geist, mit dem Selbst, denen eigenen Strukturen, die uns so lange durchs Leben gebracht haben.
Dann haben wir Pause. Ich habe in dem kleinen Tushita-Shop Instant Nescafé gefunden und Karamell-Schokobonbons. Dieser erste Café nach zwei Wochen steckt jeden Elbgold-Café in die Tasche und ich fühle mich gewappnet für die nächsten Sessions. Wir stellen uns dem Neid, der Eifersucht, unserem Konkurrenzdenken. Auch wenn ich mir wünsche, frei von all diesem Übel zu sein, ich bin es leider nicht – und wenn ich mir meiner “Mitstreiter” um mich herum anschaue, ist es keiner von uns. Denn seien wir doch mal ehrlich, es geht doch schon mit so kleinen Dingen los. Da schnappt uns die nette Nachbarin doch tatsächlich das letzte Stück Streuselkuchen vor der Nase weg und schon ist es aus mit der Freundschaft – im Buddhismus die Quelle allen Übels. In dem Moment aber, in dem ich das Stück Kuchen gönne, mich für mein Gegenüber freue, muss ich meinen Geist doch gar nicht erst mit diesen dunklen Empfindungen vergiften. So weit die Theorie, es gibt viel zu tun…
Die letzte Meditation für heute, die letzte Meditation unseres Tushita Aufenthalts. Dankbarkeit ist das große Thema und ich habe schon so weit meine Meditationsskills verbessert, dass ich mich voll darauf einlassen und ein wunderbar warmes und dankbares Gefühl in mir aufsteigt. Am Ende zünden wir alle eine Kerze an und stellen sie mit unserer ganz eigenen Intention – die uns und die Menschen um uns herum glücklich macht – in der Dunkelheit an die kleine Kapelle vor unserem MeditationsSsaal. Die Stimmung ist friedlich. Ich glaube, wir sind auch alle ein bisschen stolz, dass wir es geschafft haben. Wir alle nehmen einiges mit aus diesen 10 Tagen und haben uns einiges vorgenommen.

Tag 10 – zurück ins Leben

In meiner letzten Nacht in Tushita schlafe ich kaum. Ich liege nachts im Bett auf dem Bauch und starre aus dem Fenster in den dunklen Wald. Ich lasse so einige Momente und Erkenntnisse Revue passieren und bemerke verwundert, dass ich etwas nervös bin. Morgen werden wir in das wahre Leben entlassen und ich frage mich, ob ich diesem Sog der so wunderbar gewohnten Einstellungen, meines ganz eigenen “Way of life” widerstehen kann – ist ja schon bequemer irgendwie. Außerdem dürfen wir ab dem Frühstück wieder sprechen und uns austauschen. Ich habe irgendwie gar keine Lust darauf. Oh Gott, jetzt hat mich diese Tushita zum totalen Eigenbrötler gemacht? Nein, hat es natürlich nicht. Tatsächlich ist es am Anfang etwas komisch, aber auch erstaunlich, wie man in Stille doch eine gewisse Beziehung zu Menschen aufbauen kann – mal ein Lächeln hier, ein Zunicken da. Tür aufhalten, Bonbon anbieten. Endlich kann ich mich mit Menschen unterhalten, die ich für interessant empfunden habe und werde auch nicht enttäuscht.

Nach dem Gruppenfoto werden wir von Tushita ins Leben entlassen. Ich habe mir fest vorgenommen, täglich zu den geführten Meditationen zu gehen, um mich dann auch ganz langsam mal alleine daran zu wagen. Ich fühle mich wie in Watte gepackt oder wie nach einer ganz festen, ehrlichen Umarmung. Das Leben ist gut, es kommt nur darauf an, mit welcher Einstellung wir dem Leben gegenüber treten.

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Steffi Sarges

PR Beraterin & Yogalehrerin Ihr Lebensmotto “Don´t forget to play” kam bei all der Arbeit in den letzten Jahren etwas zu kurz. Darum hat sich Stefanie für 2014 dazu entschieden, wieder mit dem "Spielen" zu beginnen, tief durchzuatmen und das Jahr ihrer größten Leidenschaft zu widmen - dem Yoga. Während ihrer Reise durch Indien wird sie eine zweite Ausbildung machen, um sich danach vom roten Yogafaden leiten zu lassen - durch das Land und zu sich selbst. Von ihren Erfahrungen wird sie hier regelmäßig berichten.

F: Stefanie.Sarges W: instagram.com/stevexs

2 Kommentare auf “10 Tage Einführung in Buddhismus&Meditation im Tushita Meditationscenter Dharamsala / Teil2
  1. Ingrid konrad sagt:

    Es ist so schön mit solcher Nähe von so fern zu hören. Danke für Deine warmen Schilderungen. Liebe Grüße Ingrid

  2. Stefanie sagt:

    Liebe Ingrid, wie schön, dass Du meine Texte liest! Vielen Dank und sehr gerne 🙂

    Viele, liebe Grüße
    Steffi

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